Wie entsteht eine Tasche im Siebdruck?

Als ich hier vor knapp einem Jahr anfing zu arbeiten, hatte ich eine völlig verquere Vorstellung davon, wie eine bedruckte Tasche entsteht. Für mich war klar: schwerer als ein T-Shirt zu Hause zu bedrucken, kann das ja wohl nicht sein. Ich ging davon aus, dass mit großen Maschinen einfach der Prozess des „Aufbügelns“ etwas professioneller und schneller nachgeahmt wird. Natürlich war mir klar, dass es unterschiedliche Druckqualitäten gibt, ich dachte hierbei aber eher an unterschiedliche Folien. Dass der Prozess, von der Vorbereitung bis zur ersten bedruckten Tasche, zumindest im Siebdruck-Verfahren, mehrere Stunden in Anspruch nimmt, hätte ich zu diesem Zeitpunkt nie für möglich gehalten. Rückblickend betrachtet war das ganz schön naiv von mir.

Letzten Endes bin ich aber fest davon überzeugt, dass es vielen so wie mir geht. Woher soll man auch wissen, wie all diese Prozesse funktionieren, wenn man sich mit diesem Thema nie zuvor beschäftigt hat? Also bin ich für Euch in unsere Produktionsräume und habe fotografisch festgehalten, was festzuhalten war 😉 Vom ersten bis zum letzten Schritt erfahrt Ihr hier nun ganz grob, welche Schritte notwendig sind, um eine Tasche im Siebdruck zu bedrucken.

Lange vor dem Druck
Bevor wir überhaupt an das Bedrucken einer Tasche denken können, benötigen wir natürlich ein Motiv, das auf die Taschen soll. Dieses Motiv wird vektorisiert, damit bei der Vergrößerung keinerlei Qualitätsverluste statt finden und das Motiv so absolut klar dargestellt werden kann. Neben dem Motiv muss natürlich auch die Gesamtkomposition stimmen. In welchen Farben soll das Motiv im Siebdruckverfahren auf die Taschen gedruckt werden (maximal 5 Farben sind möglich) ? Welche Farbe sollen die Taschen haben?

Sind all diese Fragen geklärt, erstellen unsere Grafiker einen Korrekturabzug der geplanten Tasche. Sobald dieser von unseren Kunden freigegeben wurde, fängt die Vorarbeit für das Erstellen der Siebe an. Das Motiv wird in einzelne Farben aufgeteilt. Jede Farbe wird einzeln (in schwarz) auf einen Film gedruckt. Mit Hilfe dieser Filme werden später die einzelnen Bestandteile des Motivs auf die Siebe gebracht.

Siebvorbereitung

Zur Siebvorbereitung zählt das sogenannte „Entschichten“ (Entfernen nicht mehr benötigter Schablonen) des Siebdruckgewebes, sowie die Reinigung und das Entfetten des Gewebes, damit neue Schablonen einwandfrei auf dem Gewebe anhaften.

Zum Entschichten werden zuerst alle Farbreste auf dem Gewebe entfernt. Anschließend wird das Gewebe mit einer speziellen Flüssigkeit (Entschichter) behandelt. So können nicht mehr benötigte Schablonen aus dem Gewebe entfernt werden. Nach einer kurzen Einwirkzeit beginnen die Schablonen sich abzulösen und können nun mit einem speziellen Hochdruckreiniger aus dem Gewebe entfernt werden.

Bevor nun eine neue Schablone erstellt werden kann, ist es notwendig das Gewebe zu entfetten. Hierzu wird eine spezielle Entfetterflüssigkeit aufgetragen und nach kurzer Einwirkzeit mit Wasser abgespült. Hier nach wird das vorbereitete Sieb in einem speziellen Trocknungsofen getrocknet.

Manuelle Beschichtung

Um das Sieb mit der Kopierschicht zu beschichten, wird die Flüssigkeit in eine Beschichtungsrinne gefüllt. Das Sieb wird senkrecht vor der Rinne positioniert und anschließend wird die Flüssigkeit gleichmäßig und langsam nach oben gleitend mit der Beschichtungsrinne über das Sieb gezogen. Zuerst wird die Druckseite, anschließend die Rakelseite des Siebes beschichtet. Nach der Beschichtung kommen die Siebe erneut in den Trocknungsofen.

Belichtung

Nun kommen die oben erwähnten Filme ins Spiel. Auf den transparenten Filmen befindet sich ausschließlich das jeweilige Motiv in schwarzer, undurchlässiger Farbe. Vor der Belichtung wird der Film nun auf die Druckseite des Siebes gelegt. um die korrekte Position des Motivs zu erhalten, werden Sieb und Film gemeinsam auf einer kleinen Laserfläche positioniert und die Markeriungspunkte der Platte, mit denen des Films übereinander gebracht. Nun wird das Sieb samt Film ein ein spezielles Belichtungsgerät gelegt. Durch ein erzeugtes Vakuum innerhalb des Gerätes werden Film und Sieb gemeinsam auf eine Glasscheibe gepresst und anschließend belichtet. Die zuvor aufgetragene Kopierschicht wird durch die Belichtung wasserfest, währen die Stellen, die durch die schwarze Farbe des Film vor dem Licht geschützt werden, wasserlöslich bleiben.

Nach der erfolgreichen Belichtung wird das Sieb zur „Waschstraße“ gebracht und dort von beiden Seiten mit einem Hochdruckreiniger abgewaschen, bis alle nicht belichteten Stellen von den wasserlöslichen Teilen der Kopierschicht frei gewaschen wurden. Danach wandert das Sieb ein drittes Mal in den Ofen, um dort zu trocknen.

Farben anmischen

Bevor es mit dem Druck losgehen kann, müssen unsere Siebdrucker die benötigten Farben anmischen. Wir arbeiten mit dem Pantone SC Farbsystem. Anhand einer Liste werden die benötigen Farbkomponenten und die Anteile ermittelt, danach werden die Farben mit der Hand angemischt.

Maschinen vorbereiten

Damit unsere Taschen richtig bedruckt werden können, müssen natürlich die Maschinen eingerichtet werden. Den gesamten Prozess bis ins kleinste Detail aufzuschreiben, würde den Rahmen sprengen. Deshalb beschränken wir uns hier auf zwei wichtige Aspekte: Jedes Sieb bekommt einen Platz auf einem Arm der Maschine (maximal 5 Arme = maximal 5 unterschiedliche Farben). Dort wird die entsprechende Farbe auf das Sieb gegeben und später vom Rakel vor und zurück über das Sieb bewegt, um die Farbe durch das Sieb zu pressen. Zudem müssen die Halterungen für die Taschen mit einem Haftkleber besprüht werden, damit die Taschen während des Druckprozesses nicht verrutschen können.

Drucken & Trocknen

Finally! Nach insgesamt rund 3 Stunden Vorarbeit, können wir nun damit beginnen, die Taschen zu bedrucken. Dazu wird eine Tasche auf die Halterung aufgezogen. Im Anschluss wird ein Fußschalter betätigt, der das Rad der Maschine dreht und so den Arm an die nächste Position bringt, auf der die (erste) Farbe aufgetragen wird. Dann wird die nächste Tasche aufgezogen, erneut der Fußschalter betätigt und während die zweite Tasche mit der zweiten Farbe bedruckt wird, wird die erste Tasche mit der ersten Farbe bedruckt usw. Sobald die erste Tasche wieder vorne bei unserem Siebdrucker ankommt, wird sie von der Halterung abgezogen und zum Trocknen auf den Bandtrockner gelegt. Sind die Taschen fertig bedruckt werden sie gefaltet, abgepackt und für den Versand vorbereitet.

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